NEM und die HCVO-Positivliste der EFSADie Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ist maßgeblich an der wissenschaftlichen Bewertung von gesundheitsbezogenen Angaben beteiligt, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 (Health Claims Verordnung, HCVO) zugelassen oder abgelehnt werden. Die HCVO-Positivliste enthält alle genehmigten nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben, die rechtlich in der EU verwendet werden dürfen.
1. Hintergrund und Ziel der HCVO-PositivlisteDie HCVO-Positivliste dient als verbindliche Grundlage für die Bewerbung von Lebensmitteln, einschließlich Nahrungsergänzungsmitteln, mit gesundheitsbezogenen Aussagen. Ziel ist es: - Verbrauchern verlässliche, wissenschaftlich fundierte Informationen zu bieten.
- Den Markt zu regulieren und unzulässige, irreführende oder unbewiesene Angaben zu verhindern.
- Ein einheitliches Niveau in der EU zu gewährleisten.
Die EFSA bewertet die wissenschaftlichen Grundlagen von gesundheitsbezogenen Angaben und empfiehlt deren Zulassung oder Ablehnung. Die Europäische Kommission entscheidet abschließend über die Aufnahme in die Positivliste.
2. Aufbau und Struktur der HCVO-PositivlisteDie HCVO-Positivliste ist als öffentlich zugängliches EU-Register verfügbar und wird regelmäßig aktualisiert. Sie enthält: - Genehmigte Angaben:
Aussagen, die wissenschaftlich validiert und rechtlich zulässig sind. - Bedingungen für die Verwendung:
Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit eine Angabe verwendet werden darf (z. B. Mindest- oder Höchstmengen). - Abgelehnte Angaben:
Aussagen, die nicht ausreichend belegt oder irreführend sind.
Die Liste unterscheidet zwischen: - Nährwertbezogenen Angaben (Art. 13.1): Beziehen sich auf den Gehalt an Nährstoffen oder anderen Substanzen.
- Gesundheitsbezogenen Angaben (Art. 13.5 und Art. 14): Beziehen sich auf eine spezifische Wirkung auf die Gesundheit.
3. Nährwertbezogene Angaben gemäß HCVO-PositivlisteNährwertbezogene Angaben sind standardisierte Aussagen, die spezifische Anforderungen erfüllen müssen. 3.1 Zulässige nährwertbezogene Angaben„Fettarm“: - Bedingung: Maximal 3 g Fett pro 100 g (feste Lebensmittel) oder 1,5 g Fett pro 100 ml (flüssige Lebensmittel).
„Zuckerfrei“: - Bedingung: Maximal 0,5 g Zucker pro 100 g oder 100 ml.
„Ballaststoffreich“: - Bedingung: Mindestens 6 g Ballaststoffe pro 100 g.
„Kalorienarm“: - Bedingung: Maximal 40 kcal pro 100 g (feste Lebensmittel) oder 20 kcal pro 100 ml (flüssige Lebensmittel).
Beispiel:Ein Nahrungsergänzungsmittel mit niedrigem Zuckergehalt darf mit „zuckerfrei“ beworben werden, wenn die Bedingungen erfüllt sind.
4. Gesundheitsbezogene Angaben gemäß HCVO-PositivlisteGesundheitsbezogene Angaben sind Aussagen, die eine Verbindung zwischen einem Lebensmittel und der Gesundheit herstellen. Sie unterteilen sich in drei Hauptkategorien: 4.1 Allgemeine gesundheitsbezogene Angaben (Art. 13.1 HCVO)Diese beziehen sich auf allgemein bekannte Wirkungen von Nährstoffen oder Substanzen. Die EFSA hat eine Liste zugelassener Angaben erstellt. Beispiele aus der Positivliste: Calcium: „Calcium wird für die Erhaltung normaler Knochen und Zähne benötigt.“ - Bedingung: Mindestens 120 mg Calcium pro Tagesdosis.
Vitamin C: „Vitamin C trägt zur normalen Funktion des Immunsystems bei.“ - Bedingung: Mindestens 12 mg Vitamin C pro Tagesdosis.
Omega-3-Fettsäuren: „EPA und DHA tragen zur normalen Funktion des Herzens bei.“ - Bedingung: Mindestens 250 mg EPA und DHA täglich.
4.2 Angaben zur Reduzierung eines Krankheitsrisikos (Art. 14.1 HCVO)Diese Angaben müssen wissenschaftlich besonders streng geprüft werden und beschreiben, wie ein Lebensmittel das Risiko einer bestimmten Krankheit verringern kann. Beispiel aus der Positivliste: - Pflanzensterine und -stanole:
„Pflanzensterine senken nachweislich den Cholesterinspiegel. Ein hoher Cholesterinspiegel ist ein Risikofaktor für koronare Herzerkrankungen.“ - Bedingung: Verzehr von 1,5–3 g Pflanzensterinen täglich.
4.3 Angaben zur Entwicklung und Gesundheit von Kindern (Art. 14.1.b HCVO)Diese Angaben betreffen die Bedeutung von Nährstoffen für das Wachstum und die Entwicklung von Kindern. Beispiel aus der Positivliste: - Vitamin D:
„Vitamin D ist notwendig für das normale Wachstum und die Entwicklung von Knochen bei Kindern.“ - Bedingung: Mindestens 2,5 µg Vitamin D pro Tagesdosis.
5. Bedingungen für die Verwendung von gesundheitsbezogenen Angaben5.1 NährstoffprofileGesundheitsbezogene Angaben dürfen nur verwendet werden, wenn das Lebensmittel bestimmte Nährstoffprofile erfüllt: - Zuckergehalt: Produkte mit hohem Zuckergehalt dürfen keine Claims tragen.
- Fettgehalt: Gesättigte Fette müssen unter einem bestimmten Schwellenwert liegen.
5.2 Mindest- und Höchstmengen- Angaben dürfen nur gemacht werden, wenn der angegebene Nährstoff in einer Menge enthalten ist, die eine positive Wirkung entfalten kann.
- Überschreitungen von Höchstmengen können zu Verboten führen.
6. Genehmigungsverfahren für neue AngabenNeue gesundheitsbezogene Angaben (Art. 13.5 HCVO) können bei der Europäischen Kommission beantragt werden. Die EFSA prüft dabei: - Die wissenschaftliche Fundierung der Angabe.
- Die Relevanz und Anwendbarkeit auf die Zielgruppe.
Der Prozess umfasst: - Einreichung des Antrags: Beschreibung des Lebensmittels und der angestrebten Angabe.
- EFSA-Bewertung: Prüfung der wissenschaftlichen Unterlagen.
- Entscheidung der Kommission: Aufnahme in die Positivliste oder Ablehnung.
7. Nicht zugelassene AngabenDie EFSA lehnt gesundheitsbezogene Angaben ab, die: - Nicht hinreichend wissenschaftlich belegt sind.
- Irreführend oder übertrieben wirken.
- Heilversprechen enthalten.
Beispiele für abgelehnte Angaben:- „Verhindert Krebs.“
- „Hilft bei der Heilung von Depressionen.“
8. Verantwortung von LebensmittelunternehmernLebensmittelunternehmer müssen sicherstellen, dass: - Ihre Produkte den Anforderungen der HCVO entsprechen.
- Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben nur gemäß der Positivliste verwendet werden.
- Werbung nicht irreführend ist.
9. Rolle der EFSA und der Europäischen Kommission9.1 EFSA- Prüfung der wissenschaftlichen Daten für alle Claims.
- Veröffentlichung von wissenschaftlichen Gutachten zur Zulassung oder Ablehnung von Claims.
9.2 Europäische Kommission- Entscheidung über die Aufnahme von Claims in die Positivliste.
- Aktualisierung des EU-Registers für gesundheitsbezogene Angaben.
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